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Anklage gegen ehemalige Vorgesetzte und Mitarbeiter Högels endgültig nicht eröffnet

medstra-News 49/2021 vom 30.7.2021

Die weitere strafrechtliche Aufarbeitung im Komplex um den ehemaligen Krankenpfleger Niels Högel wird nicht in dem von der Staatsanwaltschaft beantragten Umfang stattfinden. Das OLG Oldenburg hat am 27.7.2021 eine diesbezügliche Entscheidung des Schwurgerichts bestätigt, das die Anklage gegen ehemalige Kollegen und Vorgesetzte am Klinikum Oldenburg nur teilweise zugelassen hat.

Högel musste sich in mehreren Prozessen wegen Mordes an insgesamt 91 Intensivpatienten in zwei Krankenhäusern in Oldenburg und Delmenhorst verantworten und wurde in diesem Zuge zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.  Wie bereits in medstra-News 45/2021 berichtet, hatte die StA Oldenburg auch Anklagen gegen weitere Mitarbeiter der Kliniken erhoben. Den Mitarbeitern in Oldenburg wurde unter anderem vorgeworfen, bestehende Verdachtsmomente gegen Högel nicht in dessen Arbeitszeugnis aufgenommen zu haben und so 60 Todesfälle im Delmenhorster Klinikum, wo Högel nach Verlassen des Oldenburger Klinikums seine Arbeit aufgenommen hatte, nicht verhindert zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte deswegen Anklage wegen Totschlags durch Unterlassen erhoben.

Nachdem diese Anklage aus Rechtsgründen bereits vom Schwurgericht abgelehnt worden war, hat das OLG Oldenburg diese Entscheidung nun bestätigt. Selbst wenn sich die Tatvorwürfe bewahrheiten sollten, mangele es jedenfalls an einer Garantenstellung der Klinikmitarbeiter in Oldenburg für Patienten in Delmenhorst. Zwischen dem vorgehaltenen Verschweigen der Verdachtsmomente im Arbeitszeugnis von Högel und den von diesem begangenen Taten fehle es ferner an dem Erfordernis des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs. Die Pflicht, ein zutreffendes Arbeitszeugnis zu erstellen, diene den Interessen des Arbeitnehmers und des zukünftigen Arbeitgebers, nicht aber dem Schutz Dritter oder der Allgemeinheit.

Damit steht fest, dass die Anklage nun lediglich gegen einige der ursprünglich angeklagten Personen vor dem vom Schwurgericht wegen dreier Todesfälle am Klinikum Oldenburg zur Verhandlung ansteht.


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