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Pathologe steht wegen falscher Krebsdiagosen vor Gericht

medstra-News 34/2022 vom 26.4.2022

Am 11. April 2022 ist der Prozess gegen einen 63-jährigen Pathologen wegen gefährlicher und schwerer Körperverletzung gem. §§ 224 bzw. 226 StGB sowie in zwei Fällen wegen versuchten Totschlags nach §§ 212, 22, 23 I StGB und in einem Fall wegen Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 StGB vor dem Landgericht Saarbrücken eröffnet worden. 

Der Angeklagte soll zwischen Februar 2018 und November 2018 mehrfach falsche Krebsdiagnosen mit erheblichen gesundheitlichen Folgen für seine Patienten gestellt haben. Infolgedessen seien nicht medizinisch indizierte Eingriffe wie Chemotherapien, Brust-, Darm- und Gesichtsoperationen durchgeführt worden. Während einer Patientin ein Großteil des Oberkiefers entfernt wurde, starb ein anderer Patient nach einer nicht notwendigen Darmoperation infolge einer Sepsis. Die Anklage wirft dem Pathologen vor, aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung und der „bei Weitem zu hohen Anzahl an [durchzuführenden] Gewebeuntersuchungen“ nicht imstande gewesen zu sein, den Facharztstand im Rahmen der Behandlungen einzuhalten und eine angemessene Diagnose zu stellen. Dies sei ihm laut Angaben der Staatsanwaltschaft bewusst gewesen.

Hinsichtlich einzelner Fälle hat der Angeklagte bereits eingeräumt, bei der Diagnostik „etwas verwechselt“ und sich von der Statistik „etwas fehlleiten“ zu lassen haben. Ferner gab er an, „lieber Diagnosen gestellt [zu haben], als zu sagen, es lag kein verwertbares Material vor“. Andreas Lauer, der für das Verfahren zuständige Richter am Landgericht, äußerte sich über die Angaben des Angeklagten beunruhigt. Schließlich „geht [es] ja um Krankheiten, die zu tödlichen Verläufen geführt haben können“, so der Richter. 

Der Angeklagte befindet sich bereits wegen Betrugs gem. § 263 StGB in 17 Fällen sowie wegen Bestechung im Gesundheitswesen nach § 299b StGB in 97 Fällen seit zwei Jahren in Haft. Nachdem er Fachärzte dafür bezahlte, damit sie ihre Gewebeproben in seinem Institut untersuchen ließen, wurde er im Juni 2020 zu zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach Angaben des Gerichtssprechers sind für das Verfahren vor dem Landgericht Saarbrücken weitere Prozesstage bis Anfang Juli vorgesehen. 


Verlag C.F. Müller

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