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Umfangreiche Reformforderungen des Marburger Bundes im Gesundheitswesen

medstra-News 59/2022 vom 7.6.2022

Innerhalb seiner 139. Hauptversammlung hat der Marburger Bund am 22. Mai 2022 in Bremen den Gesetzgeber sowie die Ärztekammern zu umfangreichen Reformen aufgefordert. Ein öffentliches und frei zugängliches Register für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und vergleichbare Einrichtungen sei zu installieren. Um Transparenz für Patientinnen und Patienten zu schaffen, soll aus dem Register ersichtlich werden, wie die Besitzverhältnisse sowie die wirtschaftlichen und medizinischen Verantwortlichkeiten der MVZ verteilt seien. Die Versorgungsqualität sei durch die Trägerschaft von börsennotierten Unternehmen und Private-Equity-Konstrukten bedroht. Untersuchungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) ergaben, dass von Investoren betriebene MVZ den Krankenkassen im Schnitt höhere Rechnungen stellen. Durch das vorgeschlagene Register können regelmäßige kartellrechtliche Überprüfungen erfolgen und eine Einhaltung des Versorgungsauftrages sichergestellt werden.

Weiter setzt sich der Marburger Bund dafür ein, dass die als „Dritter Weg“ bezeichneten Sonderregelung der Kirchen im Arbeitsrecht abgeschafft werden. Vor allem innerhalb der Caritas sowie der Diakonie oder anderer kirchlicher Versorgungsträger wird gefordert, das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Pendant anzugleichen. Der Berufsverband begründet diesen Vorschlag damit, dass die Verhandlungsmacht auf Arbeiternehmerseite innerhalb der kanonischen Rechtsregelungen erheblich eingeschränkt sei. Die Zuständigkeit der weltlichen Gerichtsbarkeit mit ihren Sanktionsmöglichkeiten für Arbeitgeber, vor allem das Betriebsverfassungsgesetz, müsse für alle arbeitsrechtlichen Fragen uneingeschränkt gelten.

Zudem wurde an die Bundesregierung appelliert, die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform der Notfallversorgung auf Grundlagen eines neuen Gesetzentwurfs unter enger Beteiligung der Ärzteschaft voranzutreiben. Es soll ein Gesamtkonzept für die ambulante Notfallversorgung etabliert werden, indem die unterschiedlichen Versorgungsebenen sinnvoll anhand ihres Leistungsspektrums zu vernetzen sind.

Ferner wurde von den Landesärztekammern ein gegliedertes Programm für die ärztliche Weiterbildung gefordert. Der Weiterbildungsplan, der die zeitliche und räumliche Auflistung sowie detaillierte inhaltliche Beschreibungen der Weiterbildungsinhalte dargestellt, soll laut den Delegierten eine strukturierte Fortbildung der Ärzteschaft fördern. Ein zu digitalisierender Plan solle Weiterzubildende sowie deren ärztliche und geschäftliche Leitung bei einem strategisch geplanten Weiterbildungsprogramm unterstützen und zudem eine elektronische Dokumentation der Fortbildungsmaßnahmen durch ein e-Logbuch ermöglichen. Aus Gründen der Transparenz soll dieses auch für die Landesärztekammern einsehbar sein.

Zuletzt forderte der Marburger Bund bundesweit einheitliche Regelungen für den gesetzlichen Mutterschutz von schwangeren Ärztinnen. Bisher sei die Bewertung von Gefährdungslagen regional sehr unterschiedlich, sodass in einigen Bundesländern ein Beschäftigungsverbot deutlich früher greife als in anderen Bundesländern. Dies verschärfe die Diskriminierung von schwangeren Ärztinnen, die ihre Berufstätigkeit länger ausüben wollen. Die mutterschutzrechtliche Gefährdungsbeurteilung der zuständigen Behörden müsse auf gleicher rechtlicher Grundlage erfolgen.


Verlag C.F. Müller

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