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US-Supreme Court verwirft das grundsätzliche Recht auf Abtreibung

medstra-News 71/2022 vom 30.6.2022

Der Supreme Court hat das landesweit geltende verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung in den USA in einer am 24. Juni verkündeten Grundsatzentscheidung verworfen. In der Urteilsbegründung der Richter des mehrheitlich konservativ besetzten Obersten Gerichtshofs der USA heißt es, dass die US-amerikanische Verfassung, anders als bisher tradiert, kein Recht auf Abtreibung gewähre. 

In der amerikanischen Verfassung selbst findet sich kein ausdrücklich normiertes Recht auf Abtreibung. Der Supreme Court hatte allerdings im Urteil „Roe v. Wade“ aus dem Jahr 1973 ein landesweites Recht auf Abtreibung bis zur Lebensfähigkeit des Fötus und damit etwa bis zur 24. Woche abgeleitet. Im Mai diesen Jahres war ein von den US-Demokraten eingebrachter Gesetzentwurf, das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche in einem Bundesgesetz zu regeln, nach einer Verfahrensabstimmung im Senat gescheitert (medstra News 51/2020). Die nunmehr erfolgte Entscheidung stellt insoweit keine Überraschung dar, als Anfang Mai 2022 bereits der Entwurf einer Urteilsbegründung der Mehrheitsmeinung der Richter des Supreme Courts durch die Nachrichtenseite Politico veröffentlicht wurde, der eine Aufhebung dieser Entscheidung vorsah (medstra News 39/2022)

Infolge des Urteils steht es den einzelnen Bundesstaaten nun frei, Schwangerschaftsabbrüche durch strengere Abtreibungsgesetze zu verbieten oder den Zugang drastisch einzuschränken. Trotz zahlreicher Proteste im Vorfeld und Nachgang der Entscheidung und entgegen der Tatsache, dass eine Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung gegen ein absolutes Verbot von Abtreibung ist, haben mehrere US-Bundestaaten bereits weitgehende Verbote von Schwangerschaftsabbrüchen durch sogenannte „Trigger Laws“ erlassen. Diese erstrecken sich zum Teil auch auf die Fälle, in denen Frauen einer Vergewaltigung zum Opfer gefallen sind. Lediglich für medizinische Notfälle soll eine Abtreibung zulässig sein. Im Falle einer Zuwiderhandlung müssen Ärzten nunmehr auch mit Freiheitsstrafen rechnen.

Mehrere liberale Bundesstaaten haben bereits angekündigt, das Recht auf Abtreibung weiter gewähren und schützen zu wollen. Betroffenen stünde es dann frei, in die entsprechenden Bundesstaaten zu reisen, um einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. Einige US-Unternehmen haben signalisiert, ihren Mitarbeiterinnen die Reisekosten für derartige Besuche zu erstatten. 

Neben der Aufgabe des Rechts auf Abtreibung erscheint nicht ausgeschlossen, dass der Oberste Gerichtshof künftig weitere Präzedenzfälle auf den Prüfstand stellen wird. In seinem zustimmenden Votum hat der konservative Richter des Supreme Courts Clarence Thomas gefordert, dass nunmehr weitere Entscheidungen hinsichtlich des Rechts auf Verhütung, der gleichgeschlechtlichen Ehe sowie des Geschlechtsverkehrs unter gleichgeschlechtlichen Partnern einer näheren Prüfung unterzogen werden sollen.
Das Urteil sowie die zustimmenden und ablehnenden Voten sind auf der Webseite des Supreme Court abrufbar.


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