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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für eine „Off-Label-Therapie“

medstra-News 106/2023 vom 10.10.2023

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mit der sich der Beschwerdeführer gegen die fachgerichtlich bestätigte Ablehnung der Kostenübernahme für eine experimentelle Therapie durch seine gesetzliche Krankenkasse wendet.

Der 2020 geborene Beschwerdeführer leidet an einer unheilbaren neurodegenerativen Stoffwechselerkrankung, dem infantilen Tay-Sachs-Syndrom. Diese führt zu einem zunehmenden Verlust erworbener kognitiver und motorischer Fähigkeiten bis hin zu schwersten Behinderungen und einer verkürzten Lebenserwartung. Eine anerkannte Behandlung der Krankheitsursache gibt es nicht. Im November 2022 beantragte der Beschwerdeführer bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme für eine zweite Off-Label-Therapie mit dem Arzneistoff Miglustat. Gegen die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse wandte sich der Beschwerdeführer erfolglos an die Fachgerichte. Das Sozialgericht Osnabrück entschied im Eilverfahren zugunsten des Kindes. Diese Entscheidung wurde vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen aufgehoben. Der Beschwerdeführer sieht sich durch die fachgerichtlich bestätigte Ablehnung der Kostenübernahme für eine Miglustat-Therapie in seinen Grundrechten verletzt.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer habe eine mögliche Grundrechtsverletzung nicht hinreichend gelten machen können. Insbesondere in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung sind die Gerichte zu einer grundrechtsorientierten Auslegung des Krankenversicherungsrechts verpflichtet. Die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode muss eine „auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf versprechen“, so das Bundesverfassungsgericht. Dies habe der Beschwerdeführer nicht hinreichend darlegen können.


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