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Anhörung im Gesundheitsausschuss zur ex post-Triage

medstra-News 114/2022 vom 8.11.2022

Der Gesundheitsausschuss des Bundestags hat am 19. Oktober über den vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur Triage (s. zuletzt medstra-News 108/2022 und 105/2022) beraten. 

Eingeladen waren mehr als 70 Sachverständige und Fachverbände, die sich während der Anhörung oder zuvor in schriftlichen Stellungnahmen zu dem Gesetzentwurf äußerten. Während sich alle darüber einig waren, dass primär intensivmedizinische Kapazitäten ausgebaut werden sollten, um Engpässe zu vermeiden, erwiesen sich die ex post-Triage und der Schutz von Menschen mit Behinderungen als die zentralen Diskussionspunkte der Anhörung. 

Insbesondere von Seiten der Ärzteschaft wurde das geplante Verbot der ex post-Triage kritisiert. Johannes Gehle von der Bundesärztekammer betonte, dass sich die Überlebenswahrscheinlichkeit während der Behandlung ändern könne, weshalb eine permanente Re-Evaluierung nötig sei. Uwe Janssens von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin kritisierte, dass das Verbot der ex post-Triage zu Rechtsunsicherheiten in der Ärzteschaft führen werde. Auch andere Verbände und Vertreter der Ärzteschaft äußerten sich in diese Richtung.

Auf der anderen Seite kritisierten zahlreiche Sachverständige, dass der Gesetzentwurf keinen ausreichenden Schutz von Menschen mit Behinderung gewährleiste. Unter anderem Ferda Ataman, die Antidiskriminierungsbeauftrage des Bundes, betonte, dass das medizinische Personal schon in der Ausbildung stärker für Behinderungen sensibilisiert werden müsse, was der Gesetzentwurf aber ausblende. Andere Verbände kritisierten, dass die Triage anhand der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit Menschen mit Behinderungen benachteiligte, da Ärzte oft keine Erfahrungen mit speziellen Behinderungen hätten und die Zuteilungsentscheidung dadurch negativ beeinflusst werden könnte. Insgesamt hätten Menschen mit Behinderungen von vornherein stärker in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden müssen. 

Die schriftlichen Stellungnahmen sowie die Liste der Sachverständigen sind auf der Webseite des Bundestags abrufbar. Dieser wird sich am 10. November in zweiter Lesung erneut mit dem Gesetzentwurf befassen.


Verlag C.F. Müller

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