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Expertenkommission empfiehlt Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen

medstra-News 33/2024 vom 23.4.2024


Die von der Ampelkoalition eingesetzte Expertenkommission (s. medstra-News 20/2023) empfiehlt eine grundsätzliche Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft. Der Abschlussbericht der Kommission wurde am 15.4.2024 vorgestellt, bereits eine Woche zuvor hatte das Magazin Der Spiegel die Empfehlungen der Kommission veröffentlicht.

Die Expertenkommission hält die geltende Rechtslage, nach der Schwangerschaftsabbrüche auch in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft rechtswidrig sind, für nicht haltbar. Die aktuellen Regelungen im Strafgesetzbuch könnten einer „verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung“ nicht standhalten.

Abbrüche sollten weiterhin verboten bleiben, sobald der Fötus eigenständig lebensfähig sei, was ungefähr ab der 22. Woche nach Beginn der letzten Menstruation der Fall sei. Zwischen dem ersten Trimester der Schwangerschaft und der Lebensfähigkeit des Fötus könnte der Gesetzgeber nach eigenem Ermessen festlegen, bis zu welchem Zeitpunkt er einen Schwangerschaftsabbruch mit Einwilligung der Frau erlaubt. Insbesondere bei medizinischer oder kriminologischer Indikation sollten aber auch weiterhin Ausnahmen für spätere Phasen der Schwangerschaft gelten.

Eine zweite Arbeitsgruppe der Kommission hat sich mit der Möglichkeit einer Neuregelung von Eizellspenden und Leihmutterschaft befasst. Die Kommission geht davon aus, dass das bisherige Verbot von Eizellspenden verfassungsrechtlich nicht geboten sei. Insbesondere die bisherige Begründung für das Verbot, es werde eine "gespaltene Mutterschaft" erzeugt, sei überholt. Bei einer Legalisierung müssten aber Aufklärungserfordernisse zum Schutz der Spenderin sowie Dokumentationspflichten und Auskunftsrechte zum Schutz des Kindes und dessen Recht auf Kenntnis seiner Abstammung geregelt werden. Zudem müsse geklärt werden, wer mögliche gesundheitliche Folgenkosten trägt.

Was die Legalisierung der altruistischen Leihmutterschaft angeht, so geht die Expertenkommission davon aus, dass der Gesetzgeber an dem bisherigen Verbot durchaus festhalten könne, ein Festhalten an dem Verbot aber verfassungsrechtlich nicht geboten sei. Eine Legalisierung der altruistischen Leihmutterschaft sei in bestimmten Fällen, insbesondere bei einem nahen verwandtschaftlichen oder freundschaftlichen Verhältnis möglich, sofern der Schutz der Leihmutter und das Kindeswohl gewährleistet seien.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kündigte an, den Bericht gründlich auswerten zu wollen. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ließ sich nicht auf einen Zeitplan für eine mögliche Gesetzesänderung festlegen. Der Bericht der Kommission sei aber eine gute Grundlage für den notwendigen faktenbasierten Diskurs, der nun geführt werden müsse, so die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne).

Aus der Unionsfraktion kam hingegen bereits nach der Veröffentlichung im Spiegel heftige Kritik an dem Vorschlag, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten 12 Wochen straflos zu stellen. Die Fraktionsvize Dorothee Bär (CSU) warf der Kommission vor, das Ergebnis geliefert zu haben, was von der Ampel-Regierung bestellt worden sei. Unter anderem der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU), betonte, die Debatte um eine Neuregelung sei angesichts dringlicherer Probleme überflüssig und provoziere gesellschaftliche Konflikte. Er gehe davon aus, dass die Unionsfraktion gegen eine entsprechende Änderung vor das Bundesverfassungsgericht ziehen werde.


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