medstra-News 99/2025 vom 28.10.2025
Das Bundeskabinett hat am 8.10.2025 den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes beschlossen. Der Entwurf soll insbesondere eine rein telemedizinische Verordnung von Cannabis ausschließen. Außerdem soll der Versandhandel mit Medizinalcannabis verboten werden. Stattdessen soll für eine Verschreibung ein erster persönlicher Kontakt zwischen Arzt und Patient erforderlich sein, bei Folgeverschreibungen mindestens ein Vor-Ort-Kontakt innerhalb von vier Quartalen. Die Abgabe soll nur noch nach persönlicher Beratung in der Apotheke zulässig sein.
Das Gesetzgebungsverfahren geht auf Kritik an den steigenden Zahlen an Verordnungen von Medizinalcannabis zurück. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hatte festgestellt, dass die Importe von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken vom ersten zum zweiten Halbjahr 2024 um 170 % gestiegen waren. Es wird ein weitreichender Missbrauch vermutet, der insbesondere über telemedizinische Plattformen und Privatrezepte für Selbstzahler läuft.
Die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte deshalb bereits vor längerer Zeit Änderungen in Aussicht gestellt (medstra-News 57/2025 vom 4.6.2025). Auch weitere Politiker wie der niedersächsische Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) hatten Verschärfungen gefordert (medstra-News vom 66/2025 vom 8.7.2025). Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Hendrik Streeck (CDU), sprach sich gegenüber dem Tagesspiegel ebenfalls für eine strengere Kontrolle des Cannabiskonsums aus. Konsumenten müssten vom Schwarzmarkt weggeführt werden. Zur Diskussion um Medizinalcannabis äußerte er, „Dealer im weißen Kittel“ dürften sich nicht über „Schlupflöcher der Telemedizin“ legitimieren.
Der GKV-Spitzenverband hatte bereits zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit vom 30.7.2025, der dem jetzt beschlossenen Regierungsentwurf zugrunde liegt, Stellung genommen. Auch er unterstützt eine stärkere Regulierung von Medizinalcannabis, vor allem wegen der gesundheitsbedingten Folgekosten eines langfristigen Cannabiskonsums, der größtenteils zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung entstehe. Hierzu schlug der Spitzenverband weitere Maßnahmen vor und wies auf weitere arzneimittelrechtliche Regelungen hin, deren Beachtung derzeit fraglich sei.
Die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) und der DGVT-Berufsverband Psychosoziale Berufe unterstützen in einer Stellungnahme das Erfordernis eines persönlichen ärztlichen Kontakts für die Verschreibung von Medizinalcannabis. Die Gefahren von Cannabis seien nicht zu unterschätzen und eine Anamnese und Aufklärung über Suchtrisiken sei geboten, um die Patientensicherheit zu gewährleisten.
Kritik an dem Vorhaben kommt von verschiedenen Politikern. So hatte die SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge bereits im August angekündigt, dass ihre Partei die Pläne in der Fassung des Referentenentwurfs „in keinem Fall“ mittragen werde. Neben dem Schutz und der ausreichenden Beratung von Patienten sei für die SPD zentral, dass eine verlässliche, wohnortnahe und barrierefreie Versorgung sichergestellt ist, ließ die Politikerin über das Portal abgeordnetenwatch.de verlauten.
Auf Anpassungen im parlamentarischen Verfahren setzt auch der Bundesverband Deutscher Versandapotheken, wie dessen Vorsitzender Heinrich Meyer erklärte. Nach Auffassung des Verbands schießt das vollständige Versandverbot über das Ziel hinaus, auch wenn das Anliegen „nachvollziehbar und grundsätzlich unterstützenswert“ sei. Er hatte in einer Stellungnahme zum Referentenentwurf ferner gefordert, verifizierten Ärzten eine telemedizinische Verordnung zu erlauben.
